Krankes Deutschland. Arbeit macht krank und Kranke sollen arbeiten. Das Kapital verlangt Opferbereitschaft.
Krankes Deutschland - Arbeit macht krank und Kranke sollen arbeiten. Das Kapital verlangt Opferbereitschaft.
Vortrag und Diskussion mit Minh Schredle
Donnerstag, 30. Janur 2025, 19.30 Uhr ONLINE
[Zugangsdaten folgen]
Der Mercedes-Chef und der Allianz-CEO sind sich einig: Der Krankenstand in Deutschland sei zu hoch, lautet ihr Befund. Wieder einmal sollen der Wirtschaftsstandort und „unser“ Wohlstand in Gefahr sein. Unternehmen schicken Privatdetektive los, die überprüfen sollen, ob Beschäftigte denn wirklich arbeitsunfähig sind, Lobbyverbände fordern von der Bevölkerung, entschlossener die Zähne zusammenzubeißen und in der FAZ befindet ein Kommentator: „Lohnfortzahlung in Deutschland ist nicht mehr zeitgemäß.“
Gemeinsam ist diesen autoritären Appellen zur Selbstzurichtung ein paranoider Verdacht, dass die Bundesrepublik zu einem Paradies für Blaumacher verkommen sei. Untermauert wird das mit allerlei statistischer Scharlatanerie – dabei deuten repräsentative Befragungen vielmehr darauf hin, dass sich etliche Beschäftigte auch krank zur Arbeit schleppen. Zudem spricht die Empirie dafür, dass es der Bevölkerung psychisch tatsächlich immer schlechter geht.
Während zu Anbeginn der Corona-Pandemie der Vorrang des Gesundheitsschutzes noch ein breiter Konsens war, gibt es im laufenden Diskurs kaum noch Überlegungen, wie sich Glück und Wohlbefinden steigern lassen: Die Krise des Kapitals verlangt nach Opferbereitschaft. Daran zeigt sich exemplarisch, wie selbst das Grundbedürfnis nach Gesundheit zweitrangig ist gegenüber dem blinden Akkumulationsdrang einer uferlosen Verwertungsbewegung, die neben den ökologischen Lebensgrundlagen auf dem blauen Planeten auch ihr Menschenmaterial in zunehmendem Ausmaß verheizt.
Minh Schredle ist Journalist und kritisiert die Zumutungen der Arbeitswelt