Warum wir den utopischen Horizont feministisch betrachten
Sorgetätigkeit spielt eine merkwürdige Rolle in unserer Gesellschaft. Obwohl sie jede*n betrifft, – die meisten von uns waren Kind oder werden alt – findet sie meist erst im Nachsatz Erwähnung. Denn Sorgearbeit wollen wir schließlich nicht vergessen. Aber wie ändert sich die Perspektive, wenn wir Gesellschaftsentwürfe grundlegend von den „Nutzlosen“ und ihren Helfer*innen aus denken?
In der AG Commons gehen wir oft den gedanklichen Weg von Kritik über Transformation zur Utopie. In den Vorträgen 2022 haben wir Stefan Meretz und Simon Sutterlütti gehört, die mit „Kapitalismus aufheben - Eine Einladung, über Utopie und Transformation neu nachzudenken.“ einen wichtigen Beitrag zur Diskussion rund um das Commoning geschrieben haben. Heide Lutosch nimmt in ihrem 2022 veröffentlichten Text „Wenn das Baby schreit möchte man doch hingehen“ direkt Bezug auf die Überlegungen von Stefan und Simon und macht sichtbar, welche Bedeutung Feminismus beim Utopisieren haben kann.
Heide Lutosch räumt auf mit der Vorstellung, dass unser Denken mit dem Bedürfnis nach Autonomie beginnen soll. Denn wie viele sind schon mündig, gesund, artikulationsfähig, jung, nur für sich selbst zuständig und arbeitsfähig? Zweckgerichtete Arbeit ist nicht unser aller Hauptbedürfnis. Und Herrschaftsfreiheit bedeutet mehr als „keiner redet mir rein“.
Wir sind gespannt auf die vielen Lösungsansätze, die sich aus dieser Kritik ergeben. Commoning und unsere Praxis in SoLaWiS drehen sich immer um Sorgetätigkeit: vom Aufziehen der Gemüsepflanzen mit sorgendem Blick auf ökologische Zusammenhänge; bis hin zum Pflegen von Strukturen zur gleichrangigen Entscheidungsfindung in unseren organisierenden Kreisen.
Link zu Heide Lutoschs Text: https://communaut.org/de/wenn-das-baby-schreit-dann-moechte-man-doch-hingehen
Link zu Stefan Meretz' und Simon Sutterlüttis Buch: https://www.rosalux.de/publikation/id/40855/kapitalismus-aufheben